Borgward Group AG | Ulrich Walker | Patrick Preneux
Borgward Group AG

reloaded

Ulrich Walker, CEO, Borgward Group AG

Borgward reloaded
Es ist eine lange Geschichte, die in den 1920er-Jahren beginnt und jetzt von Ulrich Walker fortgeführt wird. Der ehemalige Daimler-Topmanager leitet die Geschicke der neu gegründeten Borgward Group AG. Er ist jedoch nicht nur erster Mitarbeiter, sondern auch privat ein „Überzeugungstäter“ in Sachen Borgward. Beweis: Sein Borgward Isabella Coupé Cabrio, das gerade bei dem renommierten Classic-Spezialisten Preneux seinen letzten Feinschliff für die neue Saison erhält.

Glück hat einen Namen – Isabella
Als Ulrich Walker in die Werkstatt im ostwestfälischen Oelde kommt, ist das Objekt seiner Begierde noch unter einem grauen „Autopyjama“ verborgen. Doch in den Augen des Vorstandsvorsitzenden der Borgward Group AG ist die Vorfreude deutlich zu sehen. Patrick Preneux, Spezialist für das Restaurieren alter Borgward-Modelle, lächelt und zieht die Plane vom Wagen. „Wow – sie ist ja noch schöner als auf den Fotos“, zeigt sich Walker begeistert von seinem Borgward Isabella Coupé Cabrio.

Seit Frühjahr 2015 ist der ehemalige Daimler-Topmanager Vorstandschef der Borgward Group AG mit Sitz in Stuttgart. „Die Herausforderung, diese traditionsreiche Marke wieder mit Leben zu erfüllen, hat mich unglaublich gereizt“, sagt er. So sehr, dass er dafür auch seinen kurzen Ruhestand aufgab und sich wieder mit Verve ins operative Geschäft stürzte. Eine Entscheidung, die er bis heute keine Sekunde bereut: „Die Marke hat unglaubliches Potenzial.“

Rückblende
Anfang der 1920er-Jahre gründete Carl F. W. Borgward, gerade um die 30 Jahre alt, ein Unternehmen für den Bau von Kühlern und Kotflügeln. Sein erstes „Auto“ ist 1924 ein dreirädriger Lieferwagen mit Zweitaktmotor. Er trifft das Bedürfnis der Zeit. Der Firmengründer wird als ein begeisterter Tüftler und Bastler beschrieben, auch als Stilist. Sein größter Erfolg wird die „Isabella“, das Traumauto des Wirtschaftswunders. Doch auch sie schützt das Unternehmen 1961 nicht vor dem nach wie vor nebulösen Untergang. Vermeidbar war der Konkurs vor allem auch, weil im Anschluss alle Gläubiger bedient wurden.

Ulrich Walker | Patrick Preneux
Dr. Wolfgang Eckelt im Gespräch mit Ulrich Walker

Bekenntnis zum Standort und zu Borgward
Ulrich Walker hat mit Borgward 2.0 bereits viel erreicht und schickt sich mit seinem internationalen Team an, die Erfolge der Vergangenheit fortzuführen. Das erste Modell, ein SUV mit Namen Borgward BX7, wurde im September 2015 auf der IAA vorgestellt. Im März 2016 legte Borgward nach und präsentierte in Genf den BX5 und den BX6. Beides ebenfalls SUVs, letzteres eine besonders sportliche Coupé-Variante mit dem legendären Kürzel „TS“, das bereits in den 1960er-Jahren sportliche Modellversionen zierte. Doch es blieb nicht nur bei der Vorstellung der Fahrzeuge. Bislang wurden im Premierenmarkt China mehr als 40.000 Modelle des BX7 verkauft (Stand Februar 2017). Und der Marktstart des BX5 steht unmittelbar bevor …

Das oft charmant als „automobiles Start-up“ bezeichnete Unternehmen Borgward will diese Erfolge nach Europa transferieren. In Bremen ist eine Fertigung für rein-elektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride beschlossene Sache. Der Bau der Fertigung soll innerhalb der kommenden zwei Jahre abgeschlossen sein. Bis in die frühen 1960er-Jahre hat Borgward in Bremen über 1 Million Fahrzeuge gefertigt, heute produziert die Daimler AG im ehemaligen Hauptwerk in Bremen-Sebaldsbrück die Modelle Mercedes-Benz C-Klasse mit allen Derivaten. Die Erfolge der Borgward-Historie sind dort in vielen Exponaten zum Greifen nahe. „Mit unserer geplanten Fertigung in Bremen bekennen wir uns eindeutig zum Standort Deutschland“, sagt Walker.

Ein Benzingespräch
Ulrich Walker nimmt hinter dem Steuer seiner burgunderroten Isabella Platz, streicht über das Lenkrad, die beigen Lederbezüge und blickt begeistert zu Patrick Preneux, der schon Hunderte von Borgward-Oldtimern mit viel Herzblut, Engagement und Technikverstand restauriert hat. Walker hat seine rollende Schönheit bisher nur auf Fotos beim Aufbereiten gesehen. Nun erlebt er sie mit allen Sinnen: „Wunderschön!“ Preneux ist angetan von der Reaktion des Borgward-CEO: „Das ist ja oft ein sehr einsames Arbeiten hier. Da freut man sich sehr, wenn ein Kenner und Liebhaber vorbeikommt und die Arbeit wertschätzen kann. Vor allem, wenn der neue Chef von Borgward kommt! Wir sind unglaublich stolz, dass Herr Walker nun zu unserem Kundenkreis gehört!“

Zeit für ein Benzingespräch zwischen Borgward-Kennern. Walker will wissen, was den Restaurator an Borgward besonders begeistert. Preneux zögert nicht lange und schwärmt von den besonderen Details: eine zusätzliche Zierleiste hier, eine weitere Abdeckung über dem Licht dort, die Formgebung, all das hatte immer einen besonderen Stil. Borgward geht Preneux unter die Haut. Und das im wahrsten Wortsinne – schließlich trägt er das Konterfei seiner Isabella Limousine als Tattoo auf dem linken Unterarm.

Ulrich Walker | Patrick Preneux

Zukunft mit Herkunft
Das Design der Isabella hat Firmengründer Carl F. W. Borgward persönlich gestaltet. Er war ein Tüftler und Stilist und ließ es sich nicht nehmen, jedes Detail mit Knetgummi selbst zu formen und vorzugeben. So hatte er einen eigenen Zeichen- und Modellierraum direkt unter seinem Büro, in dem er Überlieferungen zufolge am liebsten war. Auch bei der Neubelebung der Marke steht die charakteristische Formensprache und dynamische Stilistik im Vordergrund. Das neue Unternehmen wurde vom Enkel des Firmengründers, Christian Borgward, aus der Taufe gehoben und aktiv mitgestaltet. Damit liegt es bei der neuen Borgward Group AG in den Genen, dass der Vorstand immer die Ideen und die Haltung von Carl F. W. Borgward in die Neuzeit transferiert. Das erste Modell bewies bereits, dass Borgward auf einem richtigen Weg ist – der BX7 wurde mit renommierten Design-Preisen ausgezeichnet, wie dem Red Dot Award, dem German Design Award und dem Plus X Award.

Technisch am Zeitgeist
Designmäßig begeisterte damals auch die Isabella, doch auch technisch war sie herausragend. Als sie vor 60 Jahren das erste Mal vom Band lief, war die Isabella eines der ersten Großserien-Coupés in der automobilen Welt. Zuverlässige und robuste Großserientechnik, vereint mit wunderschönen Formen begeisterte sowohl Fachwelt wie Kunden. Sie wurde zum Traumauto des Wirtschaftswunders. Das Fahrzeug für den ersten Italien-Urlaub, mehr Luxus statt Maloche, wie noch in den Anfängen beim ersten Borgward „Blitzkarren“.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: der erste Borgward war ohne Zweifel ebenso ein Treffer, denn er war 1924 für den gerade beginnenden wirtschaftlichen Aufschwung der günstige Mini-Lieferwagen für kleine Handwerker und Kleinunternehmer. Abenteuerlich zwar, ohne Kupplung, Getriebe und Starter: Der Fahrer schob den Wagen an, bis der Motor lief, und sprang dann auf! Aber selbst die Bremer Post hat damit ihre Briefkästen geleert. Der Nachfolger aus dem Jahre 1931, der Goliath Pionier, war schon ein geschlossenes Fahrzeug, ebenfalls Dreirad, und wurde zum meistproduzierten Pkw in Deutschland 1931/32.

Am Puls der Zeit
Daraus sprach der Sinn des Firmengründers für die Bedürfnisse der Zeit. Und daran wird heute angeknüpft, etwa mit dem Ausbau des Portfolios im weltweit erfolgreichsten Marktsegment des SUV. Der BX7 und seine „Brüder“ BX5 und BX6 TS bieten ein überzeugendes Design, innovativen Elektroantrieb und ein wegweisendes Infotainment-System. „Auf der IAA 2017 werden wir das Serienmodell als rein elektrisches SUV auf Basis der Baureihe BX7 vorstellen“, kündigt Walker an. Damit ist Borgward der erste europäische Hersteller, der ein rein elektrisches SUV präsentieren kann.

Nächstes Mitglied der SUV-Familie wird der kleine Borgward BX3. Der Stuttgarter Konzern plant, jedes Jahr mindestens zwei neue Modelle zu präsentieren. „Borgward strebt ein klar gegliedertes Portfolio mit eindeutiger und charakteristischer Formensprache an“, so Ulrich Walker. Dass dem so ist, dafür zeichnet unter anderem Borgward-Designvorstand Anders Warming verantwortlich.

Borgward goes global
Auch beim Thema Expansion gab der Firmengründer das Vorbild. Denn er war mit seinen Modellen nicht nur in Deutschland sehr stark, Borgward war auch einer der erfolgreichsten Automobilexporteure und war auf allen Kontinenten vertreten. Und wer damals schon „Exportweltmeister“ war, ist heute selbstverständlich auch international unterwegs. Kontinuierlich wird Borgward in den kommenden Jahren seine Präsenz in den wichtigsten Märkten der Welt ausbauen. Russland, Indien, Südamerika, der Mittlere sowie der Nahe Osten und nicht zuletzt Europa stehen auf der Expansionsliste.

Ulrich Walker | Patrick Preneux

Die Globalisierung ist heute eines der prägenden Themen der Automobilindustrie. Daneben sind es neue Mobilitätskonzepte, alternative Antriebe und die Digitalisierung. Wie in der Historie wird Borgward innovative wie begeisternde Lösungen bieten und damit dem Gründervater Carl F. W. Borgward folgen. „Zukunft braucht Herkunft!“, bringt es Ulrich Walker auf den Punkt.

Nach einem anregenden Gespräch über Tradition und Zukunft verabschieden sich Patrick Preneux und Ulrich Walker lächelnd voneinander. Das Treffen war von gegenseitigem Respekt geprägt. Ulrich Walker steigt in seinen Borgward BX7 Baujahr 2015 und macht sich auf nach Bremen, um die finalen Gespräche mit dem Bremer Senat über das neue Borgward-Werk zu führen. Preneux sieht ihm sehnsüchtig hinterher. Denn bei aller Verbundenheit mit der Borgward-Historie möchte er vor allem eins – den neuen Borgward fahren: „Allein die Vorstellung, restaurierte Klassiker auf den Anhänger zu laden, den Anhänger an den BX7 zu koppeln und mit diesem Gespann bei meinen Kunden vorzufahren – genial!“

Dr. Wolfgang Eckelt, High Performance | Top Company Guide