Dr. Wolfgang Eckelt im Dialog mit Dr. Ulrich Bez
Aston Martin Lagonda Limited

Im Dialog mit Dr. Ulrich Bez

CEO, Aston Martin Lagonda Limited

Der passionierte Rennfahrer, der einst auf dem Hockenheimring, als er mit Straßenschuhen Bremse und Gaspedal gleichzeitig trat, abflog und sich lebensgefährlich verletzte, hat sein ganzes Berufsleben mit Automobilen verbracht – bis auf eine kurze Episode im Maschinenbau. Seine früheren Stationen, Porsche, BMW und Daewoo, hat er in besserer Erinnerung. Den jungen studierten Luftfahrtingenieur verschlug es zuerst zum Stuttgarter Sportwagenhersteller, weil es in der Region mit Luftfahrt nicht soweit her war und er Porsche durch ein Praktikum kannte. Fertigung, Antriebe, Avionik sowie Präzision und Disziplin – bei Porsche war der studierte Luftfahrttechniker in seinem Element. Und Präzision und Disziplin liebt und lebt Bez bis heute. Hinzu kommt sein Auge für Details. Ob er eine Spezialuhr von Jaeger-LeCoultre für Aston Martin anfertigen lässt oder eine fehlende Abdeckung an einem Lichtschalter in der Produktionshalle und die sich dadurch an der Wand häufenden Fingerspuren bemängelt, Bez passt auf. „Ich strebe nach Perfektion, bin mir aber bewusst, dass Perfektion der Tod der Innovation ist. Prozesse und Regeln garantieren nicht, dass alles richtig läuft. Man muss Grenzen testen und ab und an auch im organisierten Chaos arbeiten können.“ Große Namen, legendäre Rennen, faszinierende Sportwagen. Und es ist tatsächlich schon sieben Jahre her, seit Aston Martin Chef Dr. Bez beschloss, dass Aston Martin werksseitig beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teilnehmen sollte. Was mit einigen V8 Vantage begann, ging im vergangenen Jahr mit vier Werksfahrzeugen und weiteren vier Wagen in Kundenhand in ein weiteres Kapitel dieser Erfolgsgeschichte. Und hier am Rande des Rennens sprach Dr. Ulrich Bez mit Wolfgang K. Eckelt über Autos, Uhren im Einzelnen und Karriere im Besonderen.
Dr. Wolfgang Eckelt im Dialog mit Dr. Ulrich Bez
Dr. Wolfgang Eckelt im Dialog mit Dr. Ulrich Bez

Herr Dr. Bez, als Luftfahrtingenieur und Hersteller von Automobilen kennen Sie sich ja bestens mit Mechanik und Strukturen aus. Hat das Einfluss auf Ihre persönlichen Vorlieben? Hat das gar die Wahl Ihrer Armbanduhr jemals beeinflusst? Im Grunde bin ich ein puristischer Mensch mit einem extrem hohen Anspruch an Reduktion und Perfektion. Hier hat mich schon mein Studium zum Luftfahrtingenieur beeinflusst. Ich bin ein Mensch, der immer an der Optimierung aller Prozesse feilt. Ein Zuviel an Material, ein Zuviel an Stil mag ich persönlich nicht so sehr. Es ist die Einfachheit, die Dinge gut macht.

Fließt diese Einstellung in Ihr gesamtes Tun ein oder wirkt sich dies nur auf die Fahrzeuge hier am Nürburgring aus? Uns bei Aston Martin ist es wichtig, die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit unserer Fahrzeuge bei einem Rennen unter Beweis zu stellen, wie hier beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, welches meiner Meinung nach das anspruchsvollste der Welt ist. Das ist sozusagen der abschließende Test, bevor ein neues Modell für den Kunden freigegeben wird. Der Wagen, den wir hier am Start haben, ist extrem wirtschaftlich in Bezug auf Gewicht und Ausstattung. Er ist mit einem serienmäßigen 6-Gang-Getriebe und einem Standardmotor ausgerüstet, also wie ein regulärer Aston Martin für die Straße. Anders beim Rennwagen sind nur die sicherheitsbedingten Veränderungen, wie sie die FIA vorgibt. Mit diesen Fahrzeugen haben wir in den letzten Jahren unsere Ziele hier mehr als erreicht!

Sind solche Ergebnisse für Ihre Kunden von Bedeutung? Die technische Nähe von Straßen- und Rennwagen bei Aston Martin ist für unsere Kunden ganz wichtig, denn sie sehen, dass das Modell, das sie besitzen, auch auf der Nordschleife erfolgreich ist. Und außerdem macht es viel Spaß, hier Rennen zu fahren. So geben wir zu Ehren dieser Rennstrecke unseren erfolgreichen Nürburgring-Rennwagen Spitznamen: Kermit, Elwood oder Rose zum Beispiel. Das ist die charmante Seite. Aber natürlich nutzen wir all die Erfahrungen aus den Grenzsituationen, die in einem Rennen eintreten können, und lassen sie direkt in die Fahrzeugentwicklung bei Aston Martin einfließen.

Ich strebe nach Perfektion, bin mir aber bewußt, dass Perfektion der Tod der Innovation ist …

Apropos Ziele. Steht da das Gewinnen an erster Stelle? Es ist die gesamte Performance, die überzeugen muss. Nicht nur unsere Kunden und Partner, sondern auch mich persönlich. Und das betrifft auch andere Bereiche. Vor etwa 20 Jahren habe ich ein Bike entwickelt. Ein echtes Mountain-Bike mit dem Besten, was es damals gab. Carbon und Titan. Diese Kombination ist heute noch wegweisend. Was damals kaum einer für möglich hielt, ist heute Standard: beste Materialien und bestes Design. Gepaart mit überzeugender Leistungsfähigkeit ist dies das beste Erfolgsrezept.

Ist dann Aston Martin auch ein Synonym für sportliche Produkte außerhalb der Autowelt? Das Automobil wird bei uns immer im Vordergrund stehen. Schlussendlich sind alle weiteren Produkte, wie Fahrräder oder Ski, ausschließlich eine Beigabe zu den Emotionen, die unsere Sportwagen transportieren. Dennoch haben wir basierend auf meinen Bike-Erfahrungen ein Super-Bike in Anlehnung an unseren exklusiven Supersportwagen One-77 kreiert, das „Aston Martin One-77 Bike“. Wie das Fahrzeug auf vier Rädern so ist auch die Produktion des One-77 Fahrrades auf 77 Exemplare limitiert. Das ist ein echtes Hightech-Fahrrad mit Mini-Computer sowie Felgen und Rahmen aus Carbon. Der Sattel dieses Bikes ist in der gleichen Art und aus demselben Leder gearbeitet wie die Sitze des One-77. Es strahlt also dieselben Werte aus, für die unsere Sportwagen stehen: edelste Materialien, modernste Technologien und Verarbeitung in Handarbeit mit großer Liebe zum Detail.

Dr. Wolfgang Eckelt im Dialog mit Dr. Ulrich Bez

Na, wenn das mal kein überzeugendes Kaufargument für das Fahrrad ist! Es geht ja nicht darum, dass wir damit einen neuen Markt aufbauen. Aber solche Produkte ermöglichen uns, über unsere Sportwagen hinaus mit unseren Kunden in Kontakt zu bleiben und die Marke Aston Martin zu transportieren. So lernen wir auch unsere Kunden und ihre Wünsche besser zu verstehen. Viele sind zum Beispiel nicht nur Rennsport-, sondern auch Wintersportfans. Deshalb nutzen wir Gelegenheiten, auch abseits der vertrauten Motorsportrennstrecken wie am Nürburgring oder in Le Mans bei ganz anderen Veranstaltungen in den Wettbewerb zu treten. Das Skirennen „Der Weiße Ring“ in Lech am Arlberg ist zum Beispiel solch eine Veranstaltung, wie wir sie sehr gerne gemeinsam mit unseren Kunden und Freunden der Marke in familiärer Atmosphäre aktiv erleben. Wir treten dort seit mehreren Jahren mit Aston Martin Teams an.

Und da sind Sie, wie ich Sie inzwischen kennengelernt habe und einschätzen kann, sicherlich wieder als Sieger hervorgegangen? Da sind wir ganz britisch bescheiden. Im Vordergrund steht der Spaß und das gemeinsame Erlebnis. In diesem Jahr waren wir mit drei Teams dabei. Es ist schön zu sehen, wie begeistert die Marke auch in automobilfremden Situationen aufgenommen wird. Und übrigens, in diesem Jahr hat Aston Martin erneut drei Trophäen mit nach Hause genommen: für den Gesamtsieg bei den Männern und zwei Klassensiege. Wir haben also durchaus auch einen gewissen Ehrgeiz auf der Skipiste.

Viel Sport, schöne Orte, exklusive Automobile, anspruchsvolle Kunden, Tradition und Moderne – das, was Sie tun, könnte man gar als Traumjob bezeichnen. Oder? Natürlich gehören diese Aspekte mit zu meinem Job. Als CEO bin ich erster Repräsentant der Marke Aston Martin. Es macht mir unglaublich viel Spaß. Darüber hinaus ist es auch mein Anspruch, bei all dem, was ich tue, für Aston Martin als Seismograph die Wellen der gesellschaftlichen Veränderungen sowie neue Strömungen in Kunst, Mode, Design und Architektur zu erfassen. Außerdem fasziniert mich die digitale Kommunikation, wie etwa Facebook, Blogs, Twitter. Sie baut auf einer ganz anderen Art von Technik auf als in unserer Industrie. Ist aber nicht minder spannend.

Und wie kam es zu der Idee einer eigenen Uhr? Was fasziniert Sie generell an Uhren? Ist es eher Ästhetik oder Individualität oder ist es beispielsweise die vielzitierte Arbeit einer Manufaktur oder sind es doch wieder eher die technischen Werte, die Sie als Ingenieur begeistern? Es ist die Summe aus all diesem. Wie bei den Automobilen sprechen wir auch bei Uhren immer von Modellen und Marken, die sich über Jahrzehnte und länger hinweg einen Namen erarbeitet haben. Und wenn Sie einmal überlegen, was uns daran begeistert, dann ist es die Form, die Gestaltung und eben die Technik. Alleine, wenn Sie berücksichtigen, was vor 200 Jahren schon in der Uhrentechnik an Präzision möglich war und was seitdem noch entwickelt wurde, das ist schon faszinierend.

Wobei ich ja denke, dass in der Uhrenindustrie nur das Vorhandene perfektioniert, oder gar überhöht, werden kann. Kommt es da nicht zu einer Zusammenarbeit? Da müsste doch ein Transfer an Wissen und Erfahrung stattfinden und sich gegenseitig befruchten? In der Tat sind wir da schon aktiv. Seit Jahren teilen der Uhrenhersteller Jaeger-LeCoultre und Aston Martin dieselbe Leidenschaft für Präzision und herausragende Produkte. Wir sind Markenpartner. Das geht soweit, dass wir sogar gemeinsam Uhren für einige ausgesuchte Aston Martin Modelle entwickeln. Und bei allem technischen Anspruch ist es wichtig anzumerken, dass die mechanische Seele dieser Uhren in absolutem Einklang mit den dynamischen Linien und der Energie unserer luxuriösen Sportwagen steht.

Ist es so zur „Edition Jaeger-LeCoultre Reverso Aston Martin“ gekommen? Dieses Modell steht exemplarisch dafür, wonach wir bei Aston Martin streben. Sie enthält nicht nur eine der aufwendigsten Komplikationen der Uhrmacherei, sie ist auch beispielhaft für die enge Zusammenarbeit zwischen Gestaltern und Uhrmachern, denn die Entwicklung von Ideen und deren gestalterische und technische Umsetzung gingen Hand in Hand. 80 Jahre nach der ursprünglichen Reverso ist sie noch immer eine moderne und elegante Uhr mit unverwechselbarem Design. Und in unserem Fall eben in einer speziellen Auflage mit den Charakteristika von Aston Martin.

Dr. Wolfgang Eckelt im Dialog mit Dr. Ulrich Bez

Nun gelten ja komplizierte mechanische Uhren und rasante Automobile als Männerspielzeuge schlechthin. Kein Wunder, dass beide Branchen kooperieren. Mit welchem Ergebnis zu Innovation und Technik geschieht das bei Aston Martin? Wir haben uns heute daran gewöhnt, mit dem Handy zu bezahlen, steuern inzwischen unsere Technik für zu Hause über unser Smartphone und öffnen trotzdem unsere Automobile immer noch auf ganz traditionelle Art mit einem Schlüssel oder einem Transponder. Und auch diesen können Sie ständig verlegen. Da entstand die Idee, einen Autoschlüssel in Form eines Transponders mit den Funktionen einer Armbanduhr zu verbinden. Denn eine Uhr trägt man ja in der Regel ständig mit sich. Die Umsetzung dieser Idee erforderte eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Uhrmachern von Jaeger-LeCoultre und den Ingenieuren von Aston Martin. Entstanden ist die „AMVOX-Kollektion“, die ersten mechanischen Armbanduhren, mit denen man das Türschloss eines Luxuswagens steuern kann. Per einfachen Druck auf das Saphirglas ent- und verriegelt die Uhr die Türen des Aston Martin. Allerdings ist diese außergewöhnliche Uhr ausschließlich Besitzern eines Aston Martin DBS, DB9 oder Rapide vorbehalten.

Jeder begeisterte Kunde, jeder zufriedene Partner und auch jeder leidenschaftliche Mitarbeiter ist ein Markenbotschafter Aston Martins und präsentiert die Marke besser als es klassisches Marketing je leisten kann.

Nach dem Rennfahrer Mark Webber ist inzwischen ein Chronograph benannt, Michael Schumacher verleiht den Omega Weltmeister-Uhren der Speedmaster-Serie doppelten Sinn. Jean Todt bekam von Girard-Perregaux Chef Luigi Macaluso eine handgefertigte Vintage Tourbillon, Ziffernblatt in Ferrari-Rot mit dem Cavallino-Rampante-Wappen. Und selbst TAG-Heuer glänzt heute mit der Neuauflage von Retro-Uhren wie Carrera, Monza, Autavia und der legendären Monaco von Steve McQueen. Wann wird es die Jaeger-LeCoultre Uhr zum Rennfahrer Ulrich Bez geben? Wie in allen stabilen Verbindungen sind auch bei einer Liaison zwischen Automobil- und Uhrenindustrie Vernunft und Leidenschaft exakt ausbalanciert. Einerseits eint viele Automanager ein ausgeprägtes Faible für komplizierte mechanische Armbanduhren, andererseits können beide Branchen vom Image des anderen profitieren: Tourbillon und Turbo, Complication und Hightech, Zeit und Speed ergänzen einander perfekt. Ich bin aber natürlich Automanager und kein Autorennfahrer. Und deshalb tragen die Uhren von Jaeger-LeCoultre den Markennamen von Aston Martin und nicht meinen. Aber vielleicht wird es ja irgendwann einmal eine Uhr mit dem Namen eines Rennfahrers von Aston Martin geben? Sag niemals nie …

Und bis dahin werden diese Entwicklungen und Kooperationen ins Marketing einfließen? Oder ist dies bereits vom Marketing beeinflusst und angestoßen worden? Wir bei Aston Martin betreiben kein klassisches Marketing. Natürlich sehen Sie von uns hier und da auch Anzeigen, mal einen Sponsoren-Banner oder Ähnliches. Aber wir gehen hauptsächlich andere Wege, um unsere Marke erlebbar zu machen. Wir investieren stark in die Pflege und den Ausbau der persönlichen Kontakte zu unseren Kunden und Partnern. Das geschieht über Fahrevents, Motorsportveranstaltungen und gemeinsame Erlebnisse, wie etwa das Skirennen, über das wir bereits sprachen, oder spannende Veranstaltungen, die wir in unserem Jubiläumsjahr anlässlich unseres 100-jährigen Firmenbestehens haben werden. Wichtig in unserer Kommunikation sind Ehrlichkeit und Authentizität. Jeder begeisterte Kunde, jeder zufriedene Partner und auch jeder leidenschaftliche Mitarbeiter ist ein Markenbotschafter Aston Martins und präsentiert die Marke besser als es klassisches Marketing je leisten kann. Wir transportieren Emotionen über unsere Fahrzeuge und diese persönlichen Kontakte.

Dr. Wolfgang Eckelt, High Performance | Top Company Guide