Im Dialog mit Albrecht Reimhold
Mitglied des Vorstandes, Produktion und Logistik,
Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Der Bau des ersten rein elektrisch betriebenen Porsche ist ein Mammutprojekt und eine riesige Chance.
„E-Mobilität steht ganz oben auf unserer Agenda.“ Albrecht Reimold ist seit zwei Jahren neuer Produktionsvorstand bei Porsche und damit unter anderem dafür verantwortlich, das Fabrikprojekt für den Mission E voranzutreiben. Reimold: „Der Bau des ersten rein elektrisch betriebenen Porsche ist ein Mammutprojekt und eine riesige Chance.“
Herr Reimold, vor zwei Jahren hat Porsche auf der IAA mit einer Studie namens Mission E überrascht, die das elektromobile Zeitalter einläuten soll. Wann ist es denn nun soweit?
2019 werden wir das Fahrzeug auf den Markt bringen. Wir sind gerade dabei, die wesentlichen Fertigungseinrichtungen vorzubereiten, damit der Elektrosportwagen Ende des Jahrzehnts in Serie produziert werden kann. Wir haben einen kombinierten Karosseriebau für den Mission E und unsere Sportwagen errichtet. Außerdem entsteht eine neue Lackiererei. Und die neue Montagehalle kann ich künftig von meinem Büro aus sehen. Dazwischen gibt es ein ausgeklügeltes Konstrukt an Förderstrecken, die alles miteinander verbinden. Schließlich bauen wir all das in ein bestehendes Werk hinein – und zwar im laufenden Betrieb.
Ist es auch als Zeichen der Tragweite und Bedeutung des Mission E für die Zukunft zu sehen, dass der erste Elektro-Porsche nicht irgendwo auf der grünen Wiese gefertigt wird, was vielleicht einfacher wäre, sondern in Zuffenhausen und damit mitten in der Geschichte des Unternehmens?
Wir sind es unserer Traditionsmarke Porsche schuldig, dass der erste rein elektrisch angetriebene Sportwagen an unserem Stammsitz in Zuffenhausen gebaut wird. Auch wenn der Aufwand für die Baumaßnahmen im Vergleich zu einem neuen Werk auf der grünen Wiese tatsächlich größer ist. Der Bau des ersten rein elektrisch betriebenen Porsche ist ein Mammutprojekt und eine riesige Chance, die dem Standort noch einmal einen richtigen Schub gibt.
Wie groß ist das Volumen?
Alleine am Standort Zuffenhausen investieren wir dafür mehr als 700 Millionen Euro.
Derzeit laufen hier insgesamt 300 Bauprojekte, davon mindestens 30 Großprojekte mit einem sehr dichten Terminplan. Bis Anfang kommenden Jahres muss alles fertig sein.
Wie wichtig ist das Thema E-Mobilität für die künftigen Erfolge des Unternehmens?
Diese Technologie nimmt einen gewichtigen Anteil in unserer strategischen Ausrichtung ein. Daher haben wir auch frühzeitig damit begonnen, die Konzeptstudie Mission E zu entwickeln und vorzustellen. Ein anderes Beispiel war der Technologieträger 918 Spyder, der als Hybridmodell über beide Antriebsarten verfügt. Und wir werden in Zukunft noch weitere E-Fahrzeuge nachschieben. Sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen, wäre fatal. Der Wandel ist nicht aufzuhalten, und das ist schon aus ökologischen Gesichtspunkten richtig.
Für viele ist ein Porsche ja mehr als ein Auto, ein Kultobjekt mit unverwechselbarem Sound, den man schon von Weitem am Klang erkennt. Was wird aus dem Mythos, wenn man ihn nicht mehr hört?
Die entscheidende Frage dabei ist, was einen Porsche ausmacht. Das ist zunächst einmal die Performance, also das Zusammenspiel aus Motor und Fahrwerk. Daran wird sich durch die Elektrifizierung nicht viel ändern. Weitere Aspekte sind das typische Design, innen wie außen, und die Haptik.
Auch in diesen Punkten werden unsere E-Fahrzeuge alle Erwartungen erfüllen. Übrig bleibt tatsächlich der Sound. Aus meiner Sicht wird der in der Zukunft ähnlich sein wie bei unserem Rennfahrzeug 919, wenn es rein elektrisch fährt.
Akzeptiert der Porsche-Kunde das E-Auto?
E-Mobilität und Porsche passen hervorragend zusammen. Elektroantriebe haben zum Beispiel sensationelle Beschleunigungswerte. Wichtig ist, dass die E-Fahrzeuge Porsche-typisch ausgelegt werden – mit Porsche-Design, Porsche-Qualität und Porsche-Fahrdynamik. So können wir unsere Tradition in die Zukunft übertragen.
Ein Elektromotor macht nicht nur keinen Lärm, er verursacht auch ansonsten keine Emissionen wie Kohlenstoffdioxid oder andere umweltschädlichen Partikel. Wie wichtig sind solche ökologischen Aspekte für einen Sportwagenhersteller wie Porsche?
Dieses Thema ist für uns genauso wichtig wie für alle anderen Unternehmen, die verantwortungsvoll handeln und sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben. Wir engagieren uns in diesem Bereich schon seit Längerem und bauen ihn kontinuierlich aus.
Wir planen, die Dächer der neuen Hallen und die Fassaden zu begrünen. Wir sehen uns hier in Zuffenhausen als eine Art ökologischer Vorreiter. Das Ziel ist Porsche-typisch sportlich: Der Mission E soll bereits CO2-neutral gefertigt werden. Einzelne Schritte haben wir bereits unternommen und beispielsweise im Herbst vergangenen Jahres einen Vertrag mit der Stadt Stuttgart unterschrieben, der regelt, dass unser Werk in Zuffenhausen mit umweltfreundlicher Biofernwärme versorgt wird. Zudem nutzen wir seit 1. Januar 2017 in allen unseren Werken zu 100 Prozent regenerativen Naturstrom.
Gibt es neben der E-Mobilität noch weitere Entwicklungen für die Zukunft?
Das Thema E-Mobilität steht ganz oben auf der Agenda, weil wir intensiv überlegen müssen, welche Baureihen künftig noch elektrifiziert werden müssen. Die Entscheidungsfindung ist längst angelaufen, aber noch nicht abgeschlossen.
Ein weiteres Zukunftsthema ist die Entwicklung von Assistenzsystemen aller Art. Warum soll ein Porsche nicht auch automatisch einparken können? Und wir wollen auch das automatisierte und teilautonome Fahren vorantreiben. Mit dem Panamera sind wir ja bereits voll in diese Technologie eingestiegen.
Welche Rolle wird bei diesen und weiteren Entwicklungen die digitale Produktion spielen – Stichwort 4.0?
Die Digitalisierung hat längst Einzug gehalten in unseren Fertigungsstätten, die sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm gewandelt haben. Im Karosseriebau standen die Mitarbeiter früher mit Punktschweißzangen in der Fertigungsstraße, heute setzen wir dafür längst vollautomatisierte Roboter ein.
Gleiches gilt für die Messtechnik und andere Bereiche. Für die Zukunft wollen wir uns unter dem Leitbegriff „Porsche Produktion 4.0“ kontinuierlich weiterentwickeln. In unserer neuen Mission-E-Montagehalle werden wir erstmals fahrerlose Transportsysteme einsetzen, die frei programmierbar sind und auch ein komplettes Fahrzeug befördern können. Die Vernetzung in den Fabriken wird zunehmend voranschreiten.
Wagen Sie zum Abschluss einen Blick in die Zukunft. Wie sieht die Mobilität wohl im Jahr 2040 aus?
Die öffentlichen Nahverkehrssysteme werden deutlich ausgebaut sein, was ich auch gut finde. Es wird mehr Carsharing geben, in den Innenstädten sind Cityflitzer unterwegs und die E-Mobilität wird einen breiten Raum einnehmen. Es muss ein Umdenken stattfinden, um die Ballungsräume von Emissionen zu entlasten und die Städte lebenswerter zu machen. Dazu gehört für mich übrigens auch eine Abkehr vom Bauen trister Betonklötze. Die Städte müssen grüner werden. Und wir brauchen auch neue Verkehrsregelungssysteme. Der Verkehr muss fließen, was bei intelligenter Planung auch möglich ist. Das ist wie bei uns in der Produktion: Wenn ein Band stillsteht, helfen alle, um es möglichst schnell wieder zum Laufen zu bringen.