Stephan Winkelmann, Präsident von Bugatti Automobiles S.A.S. | Top Company Guide

Stephan Winkelmann, Präsident von Bugatti Automobiles S.A.S.

ICONS

Was ist eigentlich eine Ikone? Eine Verkörperung bestimmter Werte, Vorstellungen, einer Lebensart? Schönheit, Ideale, Lebensart und ein wenig Tragik – das ist es wohl, was Bugatti ausmacht. Ich kenne jedenfalls keinen anderen Automobilhersteller, der seinen Firmensitz in einem elsässischen Schloss hat und dort seine Kunden empfängt.
Und auch mich. 

Ragte ich auf der Herfahrt mit meiner schönen Karosse aus dem Schwäbischen noch wohlig aus dem öden Strom der Mitfahrer heraus, so kam ich mir nun doch irgendwie „underdressed“ vor, als ich auf das historische Tor des Schlosses zufuhr. 

Ich schalte das Radio aus, aus dem wieder der Diesel-Skandal quillt. Das ist hier nicht am Platz. Der Kies knirscht unter meinen Reifen und die großartige Kulisse des Schlosses tut sich vor mir auf.

Ich wäre nicht erstaunt, wenn gleich ein gut gekleideter Graf lässig am Crémant nippend die Treppe herunterkäme und nonchalant in seinen Sportwagen steigt, den ihm sein Butler gerade per Handkurbel angelassen hat.

Und wie ich den Garten betrachte, fällt mir Totosche ein. Der Esel, den Ettore Bugatti anlässlich seines Sieges der Targa Florio von Graf Florio geschenkt bekommen hatte und der auf einigen Pressebildern zu sehen war.

Doch da öffnet sich die Tür und statt des Grafen kommt, ebenso gut gekleidet und charmant, Stephan Winkelmann die Treppe herunter und begrüßt mich herzlich. Ein Italiener im Elsass, wie einst Ettore Bugatti.

Stephan Winkelmann, in Berlin geboren, doch schon im ersten Lebensjahr nach Rom umgezogen, Vater Diplomat, Studium in München – also fast Italiener.

Winkelmann machte Lamborghini zu einer exquisiten Marke an der Spitze der Luxusmarken und erhielt dafür von Italien sogar einen der höchsten Verdienstorden des Landes. Jetzt machen wir uns auf den Weg: auf den Spuren Ettore Bugattis.

Eleganz heißt nicht, ins Auge zu fallen, sondern im Gedächtnis zu bleiben. 

Giorgio Armani

Die Kunst der Bugatti
Ikone, einzigartig, Schönheit … Es gab wohl keinen anderen Automobilhersteller, wo sich in den führenden Persönlichkeiten der „Famiglia“ die Talente für Design und der Ingenieurskunst so trefflich vereinten und so herausragende Fahrzeuge hervorbrachten. Dazu noch der Ehrgeiz und Geist für das Besondere, den man nicht lernen kann.

Ettore Bugatti, 1881 geboren in Mailand, Sohn eines international angesehenen und preisgekrönten Künstlers und Designers, interessierte sich für Technik und kam durch seine herausragenden Leistungen in Italien zu einem führenden Unternehmen ins Elsass, wo er 1902, noch nicht volljährig, von Baron De Dietrich die Leitung der Automobilproduktion anvertraut bekam. 1905 entstand der erste von Bugatti konstruierte Rennwagen.

Auch in seinem Sohn, Jean, geboren 1909, vereinen sich die Talente des Designs und der Ingenieurskunst einzigartig. Jean treibt eine Art der Spezialisierung voran, die Bugatti zu höchstem Ruhm führen sollte: die Ausrichtung auf den Rennsport.

Auch wieder so eine Facette, die ins Bild passt: Der Sinn fürs Einzigartige. Denn massentauglich wollte keiner sein, der den Namen Bugatti trug. Sie wollten die Kunst des Besonderen veredeln. Bis heute. Und auch eine Prise Tragik enthält diese Familiengeschichte: Jean starb bei einem Autounfall auf einer Testfahrt.

 

Für den Rennsport gebaut
Die Rennwagen Bugattis fuhren von Sieg zu Sieg. 1911 wird ein Bugatti beim Großen Preis von Frankreich mit dem Typ 13 auf Anhieb Zweiter, es folgen viele Mehrfach-Siege und Treppchen-Plätze bei den wichtigsten Rennen Europas.

Auch für Bugatti beginnen die goldenen 20er-Jahre mit dem erfolgreichen Typ 35, der erste Bugatti mit den Design-Merkmalen der prägnanten Hufeisen-Form und den Aluminium-Speichenrädern.

Und auch ich finde mich in einem Typ 35 und spüre den überraschend starken Durchzug, den ich einem Oldtimer dieses Alters nicht zugetraut hätte. Natürlich in Bugatti-Blau, der Antwort auf das Racing Green der Engländer. Es heißt, dass eine Signora Bugatti die Lackfarbe immer mit ihrer Zigarettenschachtel einer französischen Marke abgeglichen habe.

Von der Erhabenheit des Haupthauses kommen wir bei unserer Spritztour unvermittelt in der Moderne an. Beim Atelier. Dem künstlerischen Herz und der Manufaktur des Chiron, Chiron Sport und Divo. Während das Schloss den Charme von Eleganz und Crémant versprüht, hat man hier das Gefühl, mit OP-Haube und Einmalhandschuhen richtig gekleidet zu sein.

In lichtdurchfluteter, heller Sachlichkeit bauen Teams von je fünf Mann in vier Wochen einen individuellen Bugatti
Chiron. Die Farb- und Ausstattungsmöglichkeiten scheinen schier unbegrenzt, gearbeitet wird mit höchster Präzision, alles professionell, exakt, aber ohne Hektik. Die höchste Exklusivität eines 3-Millionen-Euro-Sportwagens braucht Zeit. Und die nimmt man sich.

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Der Atem setzt kurz aus
Jetzt wird es ernst: 1.500 PS, Quad-Turbo-W16-Motor, vier Turbolader, davon zwei pro V8. Die Höchstgeschwindigkeit lässt sich mit einem Speed-Key freischalten auf unfassbare 420 km/h, wird aber beim kleinsten Anzeichen für Unsicherheit wieder heruntergeregelt auf die „normalen“ 380 km/h. Man kann in 2,5 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen, wer nicht schnell genug den Fuß vom Gas bekommt, ist in 13,6 Sekunden auf Tempo 300.

Diese Fakten bekomme ich direkt und unmittelbar auf dem Beifahrersitz zu spüren, als Stephan Winkelmann den Supersportwagen routiniert auf den Kurven rund um das Schloss steuert. Schon beim Einsteigen war ich überwältigt von Design, Eleganz, hochwertigen Materialien, kurz: Kunst im Cockpit. Keine Schalterkaskaden, kein Display-Durcheinander: Hier herrscht Harmonie und Klarheit.

Wenigstens dort. In meinem Kopf ist Achterbahn! Der Chiron scheint zwar leicht und elegant über die Straße zu schweben, doch die Fliehkräfte zeigen ein anderes Bild. Ich werde in meinen Sitz gedrückt und versuche, weiterhin ein kultiviertes Gespräch mit Winkelmann zu führen, was mir in diesem Rausch von Motorenwummern, Schnelligkeit und der malerischen Landschaft, die pfleilschnell an uns vorbeizieht, schwerfällt. Gleichzeitig freue ich mich wie ein Kind auf den Nikolaus, dass ich gleich selbst ans Steuer darf.

Nach einer kurzen Einweisung starte ich den Wagen und fahre langsam los. Alles geht ganz leicht – elegant eben. Auf der Straße versuche ich einen kleinen sanften Gasstoß – und werde katapultartig in die handgearbeiteten Sitze gedrückt. Das Atmen und Denken setzt kurz aus, die Wucht der gegensätzlichen Emotionen ist stark: Einerseits fressen sich die Spezial-Pneus (getestet auf einem Flugzeugprüfstand, die anderen waren zu langsam) in die Straße mit unsäglicher Kraft, weiter und weiter, doch gleichzeitig ist nichts von diesem Berserkertum im Cockpit zu spüren, alles fühlt sich leicht und erstklassig an.

So darf ich diesen gewaltigen Supersportwagen über die gemütlichen Straßen des Elsass steuern, wo das neue Handling-System für Adrenalin und Gefühlsausbrüche sorgt. Der Allradantrieb tackert sich in den Asphalt, so dass man früher in der Kurve wieder beschleunigen kann. Es wird zur Sucht.

Als ich wieder aussteige, sehe ich den Sportwagen mit anderen Augen, es ist eine Ikone, ein Ausdruck von unübertroffener Sportlichkeit, aber auch Eleganz, Design, Schönheit – kurz: Kunst!

Das Unübertroffene. Das Optimum. In jeder Hinsicht.

Nur das ist Bugatti.

Kandidaten lesen | Dr. Wolfgang Eckelt